Das Gesicht

GESICHT

SICHT

SICH

ICH

Ein armer Mann klopfte an die Türe des Schöpfers und sagte: „Lieber Gott könntest du mir den helfen, dass ich reich werde, um all meine Fähigkeiten auszubilden und um gut voranzukommen, gerne will ich dann meinen Dienst in Deinen stellen und Dir vieles von dem Geld wieder zurückbezahlen. Bitte verhelfe mir zu 1000 Gulden und spätestens in einem Jahr komme ich zu Dir und gebe es Dir mit Zinsen zurück.“

Der Schöpfer überlegte eine Lange Weile und dachte,  ja ich will ihm gern vertrauen und es kann sich daraus ja was Gutes entwickeln. Und so gab er dem Mann die 1000 Gulden. Dieser dankte ihm vielmals und versprach, dass er noch bevor das Jahr zu Ende geht, er wieder kommen würde, um ihm das Geliehene zurückzugeben.

Das Jahr verging, doch der Mann kam nicht. Mittlerweile war dieser Mann sehr reich und so ging der Schöpfer zu seinem Haus. Er klopfte an der Tür und es öffnete ihm der Butler. Der Butler fragte: „Sie wünschen?“ Gott sagte: „Ich möchte gern deinen Herrn sprechen, sag ihm, es wäre jener da, der ihm vor einem Jahr 1000 Gulden geliehen hat.“ Der Butler ging ins Haus und kam nach einer Weile wieder und sagte: „Mein Herr ist nicht im Haus.“

Nach einer Woche ging Gott wieder zu dem Mann klopfte abermals und fragte den Butler nach dem Herrn. Wiederum bekam er zur Antwort: „Der Herr ist nicht im Haus.“ Wohl oder übel musste Gott  unverrichteter Dinge wieder gehen, doch er sagte zu dem Butler: „Sag Deinem Herrn, ich werde nächste Woche wieder kommen.“

Eine Woche später kam er wieder zu dem Haus des Mannes und sah das Gesicht des Mannes im Fenster. Er klopfte abermals an der Türe und wieder öffnete ihm der Butler. Gott fragte ihn: „Kann ich Deinen Herrn sprechen?“ Der Butler antwortete unwirsch: „Mein Herr ist nicht zu Hause.“

Da rief der Schöpfer zornig: „Dann sag Deinem Herrn, wenn er das nächste Mal aus dem Haus geht, möge er doch sein Gesicht aus dem Fenster nehmen, bevor er es verliert.“

Diese tiefsinnige Geschichte, mag ein Aufruf sein, wie viele Male dem grossen Leben Versprechungen gegeben werden, die nicht eingehalten werden, jedoch wie selbstverständlich erwartet wird, dass es jeden Tag wieder hell wird, dass die Nacht dem Tag folgt, dass die Natur jeden Frühling neu erwacht, dass der Wald zu unserem Wohle atmet, und vieles mehr…..

Schon vor vielen Jahren schrieb Nasreddin Hodscha eine ähnliche Geschichte.
Nasreddin Hodscha ist der Name des prominentesten Protagonisten humoristischer prosaischer Geschichten im gesamten türkisch-islamisch beeinflussten Raum vom Balkan bis zu den Turkvölkern Zentralasiens. Viele Geschichten mit und über Hodscha (= Lehrer, Meister) sind überliefert und heute ebenso unterhaltsam wie damals. Der arabische Name Nasreddin bedeutet Sieg des Glaubens.